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Warren Weaver – ein früher Vermittler zwischen Wissenschaften und Gesellschaft
Angelegt von Morla
Warren Weaver wurde im Jahre 1894 in Reedsburg, Wisconsin, geboren. Er studierte an der University of Wisconsin und begann 1917 am Throop College of Pasadena zu unterrichten. 1919 wechselte er zum California Institute of Technology um ein Jahr später an die University of Wisconsin als Professor für Mathematik zurückzukehren. Dort lehrte er 12 Jahre lang und war von 1928 bis 1932 Direktor des Instituts für Mathematik.
Zu diesem Zeitpunkt nahm seine Karriere eine Wende. Er kehrte sich von seiner beruflichen Laufbahn als Mathematiker ab und begann bei der Rockefeller Foundation als Direktor der naturwissenschaftlichen Abteilung1) „wissenschaftliche Forschungsmethoden in der ganzen Welt zu studieren, besonders auf den Gebieten der Biologie, der Landwirtschaft und der Medizin“.2) Er wandte sich also von der disziplingetreuen Wissenschaft ab und versuchte einen „guten Gesamtüberblick“ über die naturwissenschaftliche Forschung zu erlangen. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Weaver im Amt für Wissenschaftliche Forschung und Entwicklung um die Einsatzmöglichkeiten der Mathematik in der Verteidigung zu untersuchen und fand, dass viele „Probleme mit Wahrscheinlichkeiten oder […] statistischen Verfahren zu tun hatte(n)“.3) Weaver festigte seine Überzeugung, „dass die Art des Denkens, die man in der Wahrscheinlichkeitstheorie lernt […] von größter Bedeutung“4) für die Lösung von Problemen sei. Eines der Probleme, die seiner Meinung nach besonders gut mit einer statistisch geprägten Denkweise beschreibbar waren, theoretisierte er 1949 mit Claude E. Shannon: Die Kommunikation. Das Resultat war das Werk „The Mathematical Theory of Communication“, das wir am 13.05. und 27.05. behandelt haben.
Weaver wurde mit vielen Auszeichnungen geehrt, darunter die brittische Medaille für den Cause of Freedom (1948), die Public Welfare Medal der National Academy of Sciences (1957) und der Kalinga-Preis der Unesco (1964). Im selben Jahr erschien in Deutschland und anderen europäischen Staaten das Buch „Die Glücksgöttin. Der Zufall und die Gesetze der Wahrscheinlichkeit“ (im Original: Lady Luck. The Theory of Probability). Dieses Buch ist heute weitaus weniger bekannt als seine Werke „The Mathematical Theory of Communication“ oder „Translation“, das – auch bekannt als Weaver-Memorandum – im selben Jahr erschien und als Grundlage für computerbasierte Übersetzungsprogramme gilt. Lady Luck erschien in Deutschland in der Sammlung „Natur und Wissen“ im Kurt Desch Verlag. Diese Sammlung wurde seit Anfang 1960 in Deutschland verlegt und zeichnete sich durch eine neuartige naturwissenschaftliche Lehrmethode des Physical Science Study Committee aus, das sich 1956 am Massachusetts Institute of Technology gründete. Ebenso wie das Literarische Colloquium Berlin wurde es unter anderem von der Ford Foundation finanziert, was zeigt, dass wir in diesem Seminar tatsächlich verschiedene Ausprägungen einer parallelen Entwicklung in der damals neuen Sicht auf die Rolle der Wissenschaft untersuchen. Außerdem erklärt es, warum die Umsetzung von der Theoriebildung zur weltweiten Verlegung so schnell geschehen konnte.5)) Das Besondere an Lady Luck ist, dass es zum einen für „intelligente Schüler und Studenten“ und zum anderen „für alle“ geschrieben ist. 6)7) Er meint, dass durch eine Bewusstwerdung des statistischen Charakters unserer Umwelt „die Art des Denkens zu verbessern“8) wäre. Weaver war ein Denker, der im frühen digitalen Zeitalter versucht hat anhand der grundlegenden statistischen Gesetzmäßigkeiten, die Wissensdisziplinen der modernen Wissenschaftswelt verknüpfen und sie allgemein zugänglich zu machen.
Benutzte Literatur
Eintrag zu Warren Weaver im Infoamérica-Portal (spanisch): http://www.infoamerica.org/teoria/weaver1.htm, abgerufen am 14.05.2013
Warren Weaver: Lady Luck. 1964, Kurt Desch Verlag, München
Weiterführende Literatur
Rudolf Seising: Warren Weaver’s “Science and complexity” Revisited